Jetzt geht es wieder los. Alle Parteien sind sich einig: München muß häßlicher werden. Also werden tausende von Plakatständern aus den Depots geholt und jeder freie Baum und Laternenpfahl mit Arschgesichtern und platten Parolen umwickelt. Die CSU und SPD haben sich die besten Stellen natürlich schon vor ein paar Wochen reserviert, der Mittlere Ring ist da aufgrund der hohen Vorbeifahrerquote sehr beliebt. Ich vermute mal, da gibt es diskrete Nichtangriffspakte zwischen den Widersachern: ihr bekommt Kreuzung A, dafür bekommen wir Ampel B.

Ist schon toll. Jeder Normalbürger, der es sich anmaßen würde, das Stadtbild derartig penetrant zu verunstalten, würde vermutlich mit Hilfe des "Graffiti-Gesetzes" zur Verantwortung gezogen werden. Sitzt man aber im Rechts-Selbstbedienungsladen, backt man sich halt mal eben ein Gesetz, das optische Umweltverschmutzung für den persönlichen Gebrauch legitimiert.

Vielleicht wäre es an der Zeit, ein Bürgerbegehren dagegen ins Leben rufen? Am besten gleich mal ein paar Plakate aufstellen...


Man muß nur wollen.

Sozial ist, was Arbeit schafft.


Wie ich der heutigen Zeitung entnehme, fand vergangenen Freitag die alljährliche Verleihung des Deutschen Filmpreises statt. Da ich vor einigen Jahren nicht unwesentlich am äußeren Erscheinungsbild dieser Veranstaltung mitgestaltet habe, inzwischen aber schon lange nichts mehr damit zu tun habe, war ich jetzt doch neugierig zu sehen, wie sich die Veranstaltung mittlerweile präsentiert.

Nun, die Site kommt recht unspektakulär daher. Das muß aber ja nicht das schlechteste sein. Soweit ich das sehen kann, erreicht man zügig alle wichtigen Informationen und die Inhalte sind auf dem neuesten Stand. Okay, damit kann ich leben.

Doch was ist das da oben links? Scheint das neue Logo zu sein. Ich sehe zum eine "Lola", die deutsche Variante des "Oscar". Nur, was ist denn das dahinter? Ein stilisiertes Gefängnis? Nach dem Motto: "Der deutsche Film sprengt seine Fessen und bricht aus!"? Oder ein Barcode? Alá: Digitales Kino - Vorreiter Deutschland? Sind die vertikalen Streifen möglicherweise ein dezent versteckter Hinweis auf die immer schlanker werdenden Budgets? Moment mal - Streifen? Streifen! Na klar - das sind sozusagen die besten Streifen des Jahres! Doch was lese ich jetzt auf der Seite der verantwortlichen Logodesigner e27: "so dient das logo, eine abstrahierte leinwand, als projektionsfläche für legendäre deutsche kinomomente." Hmm. Nun ja. Auch 'ne Erklärung. Ich finde das Logo trotzdem irgendwie schwierig. Naja, man wird sich daran gewöhnen. Irgendeinen Designpreis wird es dafür schon geben.

Aber ehrlichen Respekt Jungs - in eine Präsentation zu gehen und 17 vertikale Striche zu verkaufen, ist eine echte Glanzleistung. Ich kann mir die Gesichter des Kunden bei der Enthüllung bildlich vorstellen. Nur, was bedeutet denn "Fördermitglied der Filmakademie"? Ihr werdet das doch wohl nicht umsonst gemacht haben?


Nicht unbedingt der beste Zeitpunkt um in London zu sein. Eigentlich sollte ich jetzt arbeiten, zumindest bin dazu ja hergekommen, aber natürlich sitzen wir alle vor dem Fernseher und schauen uns auf der BBC die immer gleichen Bilder an: Mann in Gummistiefeln zieht seinen orangen Anzug an. Ein weißer Sichtschutz wird vor der Aldgate Station aufgestellt. Tony Blair erzählt das übliche vom Terroristen-Angriff auf den "Way of Life" und wie ärgerlich es doch ist, daß so etwas genau dann passiert, wenn die Welthilfsorganisation "G8" nebenan tagt. Dabei wollten Sie dem Imperator - dessen Wirtschaft ja nach seinen eigenen Worten darauf basiert, die Umwelt zu zerstören und das noch dazu auf Pump - doch heute mal so richtig die Meinung sagen. Ob daraus jetzt noch etwas wird? Und Herrn Geldof wird jetzt wohl auch keiner mehr zuhören wollen.

Ansonsten bekomme ich hier wohl auch nicht mehr mit, als wenn ich jetzt in München säße - der einzige Unterschied sind vielleicht die zahlreichen Polizei- und Rettungswagen-Sirenen, die aus der Ferne zu hören waren. Gerade erzählt mir einer der Jungs hier, daß seine Schwester in einem Büro in der Liverpool Street war und eine der Explosionen gehört hatte. Und seine Mutter wäre beinahe mit der U-Bahn gefahren, wenn sie nicht kurzfristig noch zum Marks & Spencer abgebogen wäre.

Wie nicht anders zu erwarten, ist die Al-Quaida Bekenner-Webseite bereits gefunden worden. Vermutlich steht da wieder mal nichts drin, was beweisen kann, daß der Verfasser wirklich beteiligt war. Aber die Hauptsache ist doch, daß man schnell einen Schuldigen hat, mit dem jeder was anfangen kann. Ich glaube das ja nicht wirklich. Für mich schmeckt das eher nach einer Fortsetzung oder Neuauflage von Gladio. Aber wer so etwas behauptet, ist ja bekanntermaßen nicht für voll zu nehmen.

Mal sehen, ob sich die Verkehrsmittel-Situation bis zu meinem geplanten Rückflug wieder normalisiert hat. Ansonsten bleibe ich halt noch ein paar Tage. Die Sonne kommt gerade raus.


Und ich hatte mich schon gewundert wo mein alljährlicher Heuschnupfen bleibt. Bis jetzt hatte ich es auf den verspäteten Sommer geschoben, daß mir in diesem Jahr weder der Gaumen noch die Augen jucken und gleichzeitig die Nase explodiert.

Doch was lese ich da gerade: Kontakt mit Hunden senkt Allergierisiko - sagt zumindest Professor Torsten Schäfer auf dem Welt- Allergie-Kongress in München. Er bezieht das zwar nur auf Kinder, ich kann ihm aber die frohe Botschaft übermitteln, daß es auch bei alten Säcken funktioniert. Lebe ich doch jetzt seit gut einem Jahr in Gesellschaft eines stark behaarten Antiallergikums, das auf den Namen James hört:

James, Tasmanischer Beutelschnauzer



Herzlichsten Dank, sehr geehrter Herr Diplomat unbekannten Namens, tätig im Dienste Deutschlands derzeit noch in New York! Wenn ich auch nicht alle ihre Ausführungen teilen kann, war ich doch wirklich froh zu hören, daß es da draußen zumindest einige wenige Leute gibt, die das "Des Kaisers neue Kleider Spiel" nicht mitspielen.

Schade nur, daß sie sich anscheinend den falschen Gesprächspartner ausgesucht haben, um ihre Meinung zum erbärmlichen Zustand ihres Gastlandes kundzutun. Wall Street Journal? Warum nicht gleich die Kundenzeitschrift von Haliburton? Oder das Verbrauchermagazin von Monsanto? Aber im Ernst - die New York Times wäre für diplomatische Entgleisungen solcher Art vermutlich die bessere Wahl gewesen. Da schreiben noch Leute mit Format.

Zum Artikel von Bret Stephens kann ich nur sagen: schäbig. Soweit mir ersichtlich, fand das Gespräch in einem privatem Umfeld statt. Üblicherweise veröffentlicht man so etwas nur mit Zustimmung der Beteiligten. Ach und wie nett der Versuch, sich auch den Anstrich eines anständigen Menschen geben zu wollen, indem er den Namen des Diplomaten am Ende nicht nennt.

Besonders clever findet Herr Stephens vermutlich die Folter-Klammer, die er um den ganzen Artikel schließt. Nun, im Foltern sind seine Landsleute ja mittlerweile Exportweltmeister. Aber im Zusammenhang mit der Situation in der er sich befand, stimmt der Vergleich von vorne bis hinten nicht: "Seated at his table, I submitted to his rules". Eben. His Rules. Nicht die puritanischen amerikanischen Gesprächssitten "smile first - backstab later". Er hätte also mit vollem Recht seine Sicht der Dinge klarstellen können, anstatt schon in Gedanken seinen Artikel vorzuformulieren. Aber da fehlte ihm wohl der Mumm.

Oh - ich entdecke gerade, daß es auch noch Leserkommentare zum Artikel gibt. Schönes Deutschlandbild haben die. Wir sprechen uns noch.