Herzlichsten Dank, sehr geehrter Herr Diplomat unbekannten Namens, tätig im Dienste Deutschlands derzeit noch in New York! Wenn ich auch nicht alle ihre Ausführungen teilen kann, war ich doch wirklich froh zu hören, daß es da draußen zumindest einige wenige Leute gibt, die das "Des Kaisers neue Kleider Spiel" nicht mitspielen.

Schade nur, daß sie sich anscheinend den falschen Gesprächspartner ausgesucht haben, um ihre Meinung zum erbärmlichen Zustand ihres Gastlandes kundzutun. Wall Street Journal? Warum nicht gleich die Kundenzeitschrift von Haliburton? Oder das Verbrauchermagazin von Monsanto? Aber im Ernst - die New York Times wäre für diplomatische Entgleisungen solcher Art vermutlich die bessere Wahl gewesen. Da schreiben noch Leute mit Format.

Zum Artikel von Bret Stephens kann ich nur sagen: schäbig. Soweit mir ersichtlich, fand das Gespräch in einem privatem Umfeld statt. Üblicherweise veröffentlicht man so etwas nur mit Zustimmung der Beteiligten. Ach und wie nett der Versuch, sich auch den Anstrich eines anständigen Menschen geben zu wollen, indem er den Namen des Diplomaten am Ende nicht nennt.

Besonders clever findet Herr Stephens vermutlich die Folter-Klammer, die er um den ganzen Artikel schließt. Nun, im Foltern sind seine Landsleute ja mittlerweile Exportweltmeister. Aber im Zusammenhang mit der Situation in der er sich befand, stimmt der Vergleich von vorne bis hinten nicht: "Seated at his table, I submitted to his rules". Eben. His Rules. Nicht die puritanischen amerikanischen Gesprächssitten "smile first - backstab later". Er hätte also mit vollem Recht seine Sicht der Dinge klarstellen können, anstatt schon in Gedanken seinen Artikel vorzuformulieren. Aber da fehlte ihm wohl der Mumm.

Oh - ich entdecke gerade, daß es auch noch Leserkommentare zum Artikel gibt. Schönes Deutschlandbild haben die. Wir sprechen uns noch.

01.07.05 12:32
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Kommentare

Es stimmt schon dass der Artikel in vieler Hinsicht schlecht ist, die Kommentare der Leser sind aber noch schlimmer. Trauig daran ist aber dass es genug Deutsche mit solchem platten dumpfen Anti-Amerkanismus gibt. Dieser ist genauso dumm und gefaehrlich wie von einzelnen Deutschen, Franzonen auf eine ganze Nation zu schliessen... So kommt die Welt nicht weiter.

Hinterlassen von: Stephan Richter am 05.10.05 22:45